Reporting 2020

Am Steuer

Interview mit Frank Dreeke

Der plötzliche Stillstand der Weltwirtschaft infolge des Corona-Lockdowns in vielen Ländern der Welt bedeutete für BLG LOGISTICS ein schwieriges Geschäftsjahr 2020. Als beste Strategie erwies sich, sich auf die eigenen Stärken zu fokussieren: die gelungene Diversifizierung des Geschäfts in den vergangenen Jahren, das breite Kundenportfolio und die Mitarbeitenden. Wie genau es die Unternehmensgruppe mithilfe dieses klaren Kurses durch die stürmischen Zeiten geschafft hat, erfahren wir im Gespräch mit CEO Frank Dreeke.

Interview mit Frank Dreeke

Das Jahr 2020 verlief ganz anders, als wir es uns je vorgestellt hätten. Mit welchen Worten würden Sie es zusammenfassen?

Herausfordernd und nervenaufreibend – sowohl für mich persönlich als auch mit Blick auf das Unternehmen. Eine globale Krise, wie sie die Pandemie verursachte, hat es zuvor nie gegeben. Vor allem der erste Lockdown im Frühjahr 2020 war beispiellos, weil er die gesamte Weltwirtschaft betraf. Im positiven Sinne hat mich beeindruckt, wie die Menschen in der BLG mit der schwierigen Situation umgegangen sind. Wir haben gemeinsam erfahren, dass unser Unternehmen mit seiner Kultur und seinen Werten in der Lage ist, auch solche außerordentlichen Krisen zu meistern.

„Mit unserem Ziel bereits 2030 klimaneutral zu sein, sehen wir uns als Vorreiter und Vorbild für die Logistik.“

Frank Dreeke, Vorstandsvorsitzender BLG LOGISTICS

Sie sprachen den ersten, harten Lockdown im Frühjahr 2020 an. Welche Auswirkungen hatte er auf die Geschäftsentwicklung der BLG?

Wir mussten in nahezu allen Bereichen von Ende Februar bis in den Mai hinein erhebliche Umsatzverluste hinnehmen, die sich direkt auf das Ergebnis auswirken. Beispielsweise brach der Absatz unserer Kunden aus der Automobilindustrie um teils 50 Prozent ein, der stationäre Handel war geschlossen und der Containerumschlag verringerte sich in der Zeit zwischen 15 und 20 Prozent. Ab Sommer verbesserte sich die Lage wieder deutlich. Trotzdem waren die Verluste aus dem Frühjahr so gravierend, dass wir sie in den meisten Bereichen nicht aufholen konnten. Unser operatives Ergebnis blieb auf das Gesamtjahr betrachtet negativ. Es ist auf das Gesamtjahr gerechnet weitaus geringer ausgefallen als anfangs erwartet.

Ab Herbst hatten wir ja eine weitere Pandemiewelle. Sind deren Auswirkungen mit der ersten Welle vergleichbar?

Glücklicherweise haben wir hier ein anderes Bild, weil der zweite Lockdown nicht die gesamte Weltwirtschaft betraf. Natürlich gab und gibt es weiterhin bestimmte Bereiche wie zum Beispiel den stationären Modehandel, die sehr hart getroffen worden sind. Gleichzeitig hielten sich aber auch unsere Dienstleistungen im Bereich E-Commerce und Retouren auf hohem Niveau. Die Automobilindustrie produzierte im zweiten Lockdown weiter und China zog als Konjunkturmotor deutlich an. Auch bei uns verbesserten sich Volumen und Ergebnisse ab dem Sommer zunehmend. Insgesamt half uns die Diversifizierung des Geschäfts, die wir schon lange vor der Pandemie in die Wege geleitet haben. Besonders stolz bin ich, dass wir trotz Corona Projekte wie die neuen Logistikzentren für Engelbert Strauss und LEONI realisieren konnten. Es gibt viele Dinge, die mich trotz der schwierigen Zeit optimistisch in die Zukunft blicken lassen.

Zusammenspiel der Kräfte: Frank Dreeke blickt mit Anerkennung auf das Engagement der BLG-Belegschaft in der Krise.

Wie ist die BLG-Belegschaft mit der Situation umgegangen, wie haben Sie persönlich den Zusammenhalt wahrgenommen?

Ich habe mit großer Anerkennung gesehen, wie schnell unsere Mitarbeitenden sich nach dem ersten Schock wieder auf den operativen Betrieb konzentrierten. Denn wenn die gesamte Wirtschaft zum Erliegen kommt, entstehen ja auch ganz persönliche Ängste. Die Menschen fragen sich: Was wird aus unseren Jobs? Die gute Nachricht ist, dass die Anzahl der Arbeitsplätze stabil blieb.

Als es wieder aufwärts ging, konnten wir unsere Prozesse umgehend wieder hochfahren. Der Blick der Belegschaft, ihr Einsatz, alles zahlte auf die Bedürfnisse unserer Kunden ein. Da war das Zusammenspiel der Kräfte im Unternehmen sehr stark. Für mich ist das ein Beleg dafür, dass der Kulturwandel, den wir vor zweieinhalb Jahren eingeleitet hatten, Früchte trägt. So zählt zu unseren fünf Unternehmenswerten, veränderungsbereit zu sein – und genau diese Eigenschaft ist in Corona-Zeiten gefordert.

Als erster Logistikdienstleister in Deutschland erlangte die BLG 2020 für ihre Klimaschutzziele wissenschaftliche Anerkennung. Trotz der Pandemie haben Sie den Klimaschutz fest im Blick. Warum ist das wichtig?

Klimaschutz ist sowohl unsere eigene Überzeugung als auch eine Anforderung des Marktes. Denn als Logistikdienstleister können wir dazu beitragen, dass unsere Kunden ihre Klimaziele erreichen. Mit unserem Ziel, bereits 2030 klimaneutral zu sein, sehen wir uns als Vorreiter und Vorbild für die Logistik. Unsere absoluten Reduktionsziele sind sogar international wissenschaftlich anerkannt.

Wichtig ist mir bei alledem: Schon vor 2020 hat die Bekämpfung des Klimawandels in unseren Entscheidungen eine große Rolle gespielt. Diese Haltung haben wir ungeachtet der Pandemie weiter in Handlungen umgesetzt.

Frank Dreeke: „Als Logistikdienstleister können wir dazu beitragen, dass unsere Kunden ihre Klimaschutzziele erreichen.“

Was sind Ihre Erwartungen an die Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr 2021?

Die ersten drei Monate liefen zufriedenstellend, und zurzeit zeichnet sich ab, dass wir 2021 – auch aus den bereits genannten Gründen – ein wirtschaftlich besseres Jahr erleben werden als 2020. Wir werden aber noch nicht wieder das Niveau des Jahres 2019 erreichen. Insgesamt gibt es weiterhin große Unsicherheitsfaktoren. Deswegen betrachten wir unseren Geschäftsverlauf Monat für Monat und passen unsere Planungen und Prognosen fortlaufend an.

Wenn wir etwas weiter in die Zukunft blicken: Was sind die nächsten Stationen auf dem Innovationsfahrplan der BLG?

Wir werden unsere Digitalisierungsaktivitäten konsequent fortführen und um intelligente Bausteine ergänzen. Schon jetzt ist die BLG an vielen Stellen ein durch und durch digitales Unternehmen. Mit Aktivitäten und Projekten im Bereich der Künstlichen Intelligenz, Data Warehouse, Robotik und der Autonomisierung wollen wir die bestehenden Aktivitäten auf ein nächstes Level heben. Wir werden diese Technologien in enger Zusammenarbeit mit den operativen Bereichen und dem Sozialpartner in die Umsetzung bringen. So können wir beispielsweise in der Teilelogistik Prozesse effizienter, schneller und kostengünstiger planen und gestalten.

Mit welchem Blick gehen Sie in die kommenden Monate?

Unsere Mission hat sich nicht geändert: Wir wollen die Logistik für unsere Kunden einfacher und unsere Kunden damit im Markt erfolgreicher machen. Daran werden wir auch in Zukunft mit viel Leidenschaft und Engagement arbeiten.

Herr Dreeke, vielen Dank für das Gespräch.